Die Jakobslegende
Wer war Jakobus?
Jakobus, auch Jakobus der Ältere genannt, war der
Sohn des Fischers Zebedäus und der Salome.
Er gehörte zusammen mit
seinem Bruder Johannes und dem Brüderpaar Petrus und Andreas, zu den von
Jesus ersterwählten Aposteln. Sie zeichneten sich durch besondere Nähe zu ihm
aus. Nach Christi Himmelfahrt wurden alle Jünger zu Aposteln und
bekamen den Auftrag, das Wort Gottes in die Welt zu tragen. Der Legende
nach war seine Aufgabe, die Iberische Halbinsel zu christianisieren. Nachdem
dieser Versuch scheiterte, kehrte er nach Jerusalem zurück und wurde im Jahre
44 n. Chr. im Auftrag Herodes Agrippa I. enthauptet.
Nach der „Legenda Aurea “ von Jacobus de Voragine,
dem wichtigsten religiösen Volksbuch des Mittelalters, wurden Jakobus Kopf und
Rumpf aufs freie Feld geworfen, damit die Teile von wilden Tieren gefressen
werden konnten. Doch Jünger brachten die sterblichen Überreste zu einem Schiff,
das Jakobus und seine Jünger unbemannt nach Iria Flavia in Galicien brachte.
Dort angekommen legten sie den Apostel auf einen Stein, der sich zu einem Sarg
formte. Hier herrschte die mächtige Königin Lupa, die von den Jüngern um
Hilfe gebeten wurde. Nachdem Königin Lupa durch eine List hoffte, die Jünger in
die Irre geführt zu haben, die diese jedoch mithilfe eines Engels überwinden
konnten, lenkte sie ein und gewährte eine Grabstätte, auf der sie eine Kirche
bauen ließ.
Bei jedem möglichen Wahrheitsgehalt einer Legende,
zeichnen sich diese Erzählungen dadurch aus, dass sie ebenfalls den
unterschiedlichsten Einflüssen und vor allem auch politischen Interessen
unterlagen. Deshalb gibt es
über den Heiligen Jakobus eine Vielzahl von Geschichten, die aber ganz besonders in Spanien,in
kirchlich-politischer Hinsicht eine
mächtige Wirkungskraft entfalten konnten.
Der frühe Versuch der Christianisierung konnte später zu einer besonderen Bedeutung Jakobus für Spanien entwickelt
werden. Dabei wirkten der Aufenthalt des
Apostels, der die Wichtigkeit der iberischen Halbinsel betonte, und die Annahme
und Bestätigung seiner dortigen Grablegung, ausgesprochen unterstützend.
Der Legende vom Heiligen Jakobus wird Wahrheitsgehalt
zugesprochen, ihr Inhalt dient zur Erklärung der Welt, wird zum Identifikations-
und Rechtfertigungssmythos und unterstützt den Glauben und hat in der
Geschichte Spaniens eine ganz besondere Bedeutung.
Es gibt
zwei bedeutende Legenden: die erste wird auf Karl
den Großen zurück
geführt. In einem Traum wurde dem Kaiser ein Sternenweg gezeigt
und der Apostel Jakobus beschrieb ihm den genauen Ort seines Grabes und
forderte ihn dazu auf, den Jakobsweg für die Christen freizukämpfen und sie
gegen die Mauren zu beschützen. So wurde der „Sternenweg“
zum Synonym für den Jakobsweg.
Die zweite Legende
ist bekannter und erzählt von dem Eremiten Pelayo (oder Pelago), dem ein
Engel den Weg zu dem Grab des Heiligen Jakobus gewiesen hatte. Im 9. Jh.
erschien dem Eremiten auf einem Hügel ein ungewöhnliches Licht, begleitet von
einem Engelschor. Diese Erscheinungen wiederholten sich mehrmals bis der
Bischof von Iria Flavia (dem heutigen Padrón) Theodomiro, dazu gerufen wurde und man an dieser Stelle das
Grab des Heiligen Jakobus fand. Mit Zustimmung und Unterstützung des König
Alfons II. von Asturien (791-842 ) wurde dort eine Kirche erbaut.
Es waren Legenden, die Santiago de Compostela, die
Pilgerwege und den Pilgerweg über Santiago hinaus nach Cap Finisterre in
der Region Fisterra, bekannt
machten. Sie wurden mündlich weitergegeben, erweckten und unterstützten den
Wunsch nach Erlösung von Sünden, Heilung, Zuversicht im Glauben, Ablässen und
fanden in der Kirchenbaukunst ihren Ausdruck. Hinzu kamen noch Wunder, Heilungsgeschichten und außerordentlichen Handlungen, die dem Heiligen Jakobus während seiner
Lebenszeit und sogar nach seinem Tod zugeschrieben wurden.
Das Hühner- oder Galgenwunder ist eines der
bekanntesten Wunder, die mit dem Jakobsweg in Verbindung stehen.
Fälschlicherweise wurde der Sohn einer deutschen Familie, die in Santo
Domingo de la Calzada übernachtete, des Diebstahls bezichtigt und nach kurzem
Prozess gehängt. Die Eltern setzten ihren Pilgerweg nach Santiago fort und
entdeckten auf ihrem Rückweg ihren Sohn noch lebend am Galgen hängend. Sie
gingen zum Richter, der gerade beim Mittagessen saß, es gab gebratenen Hahn und gebratene Henne, um ihn auf das Wunder aufmerksam zu machen. Dieser fühlte sich von den
erregten Eltern belästigt und wollte sie mit der Bemerkung, der Sohn sei ebenso
wenig lebendig wie die gebratenen Hühner auf seinem Mittagstisch. Doch dann
geschah ein weiteres Wunder, denn den Hühnern wuchsen Federn und sie flatterten
umher. Der Sohn wurde gerettet und die wahre Schuldige wurde hingerichtet.
In der
Kathedrale von Santo Domingo de la Calzada wird immer noch an dieses Wunder erinnert,
indem ein lebendes Hühnerpärchen dort gehalten wird. Deren herabfallenden
Federn gewannen eine ähnliche Bedeutung wie die Jakobsmuschel, die eine
wichtige Bestätigung der Pilgerreise war.
Solche
Erzählungen begeisterten
die Menschen, unterstützen den Glauben an den Heiligen Jakobus und unterstützen
das Pilgerwesen. Niedergeschrieben sind die Legenden im Buch „Liber Sancti Jacobi“oder auch "Codex Calixtus" genannt, einer Sammlung von Handschriften aus dem 12. Jahrhundert.